Haushaltsrede 2025 von Anna Biegler vom 17.12.2024

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der vorliegende Haushalt stellt uns vor schwierige Herausforderungen. Ein Defizit von über 70 Millionen Euro zwingt uns, klare Prioritäten zu setzen. Doch dieser Haushalt darf nicht nur ein Buch der Kürzungen sein – er muss ein Plan für die Zukunft unserer Stadt werden.

Unsere Kommunen sind das Rückgrat unserer Demokratie. Doch die Realität in Worms zeigt, dass dieses Fundament unter Druck steht.
Ein Kind, das in einem kalten Klassenzimmer sitzt, erlebt den Staat nicht als verlässlich.

Eltern, die auf einen Kita-Platz warten, sehen keine Chancengleichheit.

Und eine Rentnerin, die auf holprigen Gehwegen unterwegs ist, fragt zu Recht sich, ob ihre Stadt sie vergessen hat.

Wir Grünen sagen: Kommunen müssen wieder handlungsfähig werden – durch gerechte Finanzierung und mutige Investitionen. Rheinland-Pfalz hat mit der Altschuldenübernahme einen wichtigen ersten Schritt gemacht. Jetzt ist der Bund am Zug.

Denn eines ist klar: Wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen. Und auf Bundesebene eine grundlegende Reform der Schuldenbremse, die Investitionen in die Zukunft ermöglicht. Sonst steuern wir sehenden Auges auf immer neue Probleme zu. Denn Schulden machen wir trotzdem – und das zeigt sich deutlich in einem immensen Investitionsstau: bei der maroden Tiefgarage am Ludwigsplatz, beim sanierungsbedürftigen BIZ oder bei Straßen wie der Landgrafenstraße, die einem Schweizer Käse ähnelt.

Zur Wahrheit gehört auch: Die ADD fordert uns große Kraftanstrengung ab, um den Haushalt auszugleichen. Der vorliegende Entwurf wird in seiner aktuellen Form nicht genehmigt, da er nicht ausgeglichen ist. Das bedeutet, dass uns bald Entscheidungen bevorstehen, die weh tun werden. Ich frage mich, ob diese schwierigen Entscheidungen nicht einfach aufgeschoben wurden, weil wir wissen, dass die ADD sowieso mit Forderungen auf uns zukommen wird– etwa bei der Erhöhung der Gewerbesteuer.

Klar ist: Wir müssen heute in eine zukunftsfähige Stadt investieren. Klimaschutz ist keine Kür, sondern Pflicht. Starkregen, Hitzewellen – die Folgen des Klimawandels spüren wir schon jetzt. Wenn wir heute nicht handeln, zahlen wir morgen dreifach: durch Schäden, gesundheitliche Folgen und soziale Ungleichheit.

Zum Glück gibt es auch positive Beispiele. Mit den KIPKI-Mitteln des grünen Klimaschutzministeriums erhält Worms rund 3,6 Millionen Euro für Klimaschutzprojekte – ohne kommunalen Eigenanteil beisteuern zu müssen. Ohne diese Mittel sind Projekte wie die Förderung von Balkon-PV-Anlagen für günstigen Mieter:Innenstrom oder der Ausbau der ersten Mobilitätsstationen in Worms nicht möglich.

Wie der Klimaschutz bleibt auch die soziale Gerechtigkeit unser Kompass. Jedes Kind in Worms verdient die gleichen Chancen – unabhängig von Herkunft, Einkommen der Eltern oder Wohnort. Die Sozialraumanalyse zeigt, wo wir handeln müssen: gezielt, unbürokratisch, sozial und mit Weitblick.

Neben sozialer Gerechtigkeit brauchen wir auch wirtschaftliche Perspektiven. Worms muss ein attraktiver Standort bleiben –für Unternehmen und für Familien. Was hilft uns das beste Gewerbegebiet, wenn es an Ganztagsbetreuung für die Kinder der Beschäftigten fehlt? Eine gute Infrastruktur für Familien ist ein entscheidender wirtschaftlicher Standortfaktor – und ein Schlüssel zur Gleichstellung.

Und auch beim Thema Gewerbeflächen müssen wir umdenken. Die dauerhafte Ausweitung von Flächen kann nicht die einzige Lösung für unsere Finanzprobleme sein. Wir müssen innerstädtische Potenziale und Brachflächen besser nutzen und im Gewerbebau auch in die Höhe denken. Qualität geht über Quantität. Welche Branchen und Unternehmen wollen wir nach Worms holen, um die Stadt zukunftsfähig zu machen? Das sind die Fragen, die wir uns stellen müssen.

Wir stehen vor der Herausforderung, Einsparungen zu erzielen, ohne wichtige Zukunftsinvestitionen zu gefährden. Ein großes Potenzial liegt in der Digitalisierung der Verwaltung. Durch New Work, Telearbeit und digitale Prozesse könnten wir Büroflächen einsparen und Kosten reduzieren – Mittel, die dann gezielt in Bildung und Klimaschutz investiert werden sollten.

Die Schließung des Nibelungenmuseums zeigt, wie schmerzhaft politische Entscheidungen sein können. Sie erinnert uns daran, dass unser politisches Handeln langfristige Folgen hat – für die Stadt, ihre Kultur und ihre Menschen.

Genauso emotional bewegt die Situation rund um das Klinikum Worms. Eine gute medizinische Versorgung ist zentral für Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit in unserer Stadt. Das Klinikum Worms muss als Vollversorger gesichert und ausgebaut werden.

Unverständlich bleibt für uns das Festhalten an der Krankenhaustangente. Ein Straßenneubau, der das Pfrimmtal unwiederbringlich zerschneidet und unseren Haushalt zusätzlich belastet, ist für uns untragbar. Stattdessen brauchen wir nachhaltige Mobilitätskonzepte und eine echte Verkehrswende, die alle Verkehrsteilnehmenden in den Blick nimmt.

Ja, die Zahlen in unserem Haushalt sind ernüchternd. Aber wir dürfen uns nicht lähmen lassen. Worms hat enormes Potenzial – für mehr Klimaschutz, ein gutes Miteinander und wirtschaftliche Stärke.

Wir als Grüne Fraktion werden diesem Haushalt zustimmen, weil wir an die Zukunft dieser Stadt glauben – auch wenn er uns manches abverlangt. Doch unsere Zustimmung ist nicht bedingungslos: Wir fordern, dass dieser Haushalt der Anfang eines neuen Weges ist – für mehr Klimaschutz, Investitionen in Bildung und soziale Gerechtigkeit.

Unser Dank gilt der Verwaltung, Herrn Soler und Frau Adelfinger, und allen, die an diesem Haushalt mitgearbeitet haben. Lassen Sie uns gemeinsam Worms in eine gute Zukunft führen.

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