Integration braucht kulturelle Bildung

Ursachen, nicht nur Auswirkungen angehen

Integration wird für uns zur Daueraufgabe. Wir wollen sukzessive Aspekte dazu ausarbeiten.
Integrationsaufgaben
Was zu tun ist

Teil 1: Kulturelle Bildung

Es wird immer klarer: Nach der Frage der Unterbringung von Flüchtlingen müssen wir ein stärkeres Augenmerk auf die Frage ihrer Integration legen.
Oder anders gefragt: Was muss getan werden, damit aus Flüchtlingen die bei uns bleiben Neubürger werden können, die erfolgreich ihren Platz in unserer Gesellschaft finden?

Sprachkenntnisse

Der Erwerb der Deutschen Sprache ist der unumgängliche erste Schritt und es ist daher gut, dass wir als Kommune unsere Volkshochschule mit 5 neuen Lehrkräften für Deutsch als Fremdsprache in die Lage versetzen, umfangreich und wirksam Deutsch zu unterrichten. Angemerkt sei, dass die Flüchtlinge hierfür auch einen Unkostenbeitrag entrichten.
Erst wenn entsprechende Deutschkenntnisse erworben wurden, kann eine Berufsausbildung folgen.
Auch für einen Schulbesuch sind zumindest grundlegende Sprachkenntnisse von Nöten.

Kulturelle Bildung

Eine zweite Form der Allgemeinbildung ist ebenfalls unerlässlich: kulturelle Bildung im Sinne von Unterricht in unserer Kultur und einer Auseinandersetzung mit unseren Art zu leben, mit bewussten und unbewussten Verhaltensregeln oder dem Umgang mit unseren Freiheiten.
Vorkommnisse der letzten Zeit haben gezeigt, dass es nicht selbstverständlich gelingt, mit unserem Lebensstil umzugehen. Wo mit Absicht Grenzen überschritten werden, braucht es natürlich repressive Maßnahmen wie Aufsicht, das Durchsetzen einer Hausordnung oder ggf. einen Hausverweis oder gar Strafverfolgung.
Solche Maßnahmen begegnen aber den Auswirkungen, nicht den Ursachen.
Für mindestens ebenso wichtig halten wir es daher, bei den Ursachen anzusetzen:
Wir erwarten, dass Flüchtlinge sich bei uns angemessen verhalten. Dann müssen wir aber auch dafür sorgen, dass sie die Regeln unseres Zusammenlebens kennenlernen und verstehen können.
Das ist nämlich keineswegs so einfach, unterscheiden sich viele Gepflogenheiten und Spielregeln doch deutlich zwischen den Herkunftsländern und unserer Gesellschaft. Das kann jeder von uns im Ausland erfahren. Schon in Frankreich gehört ein kleiner Kuss zur höflichen Begrüßung, bei uns ist er sehr guten Bekannten vorbehalten (oder wir sprechen abwertend von einer Bussi-bussi-Gesellschaft). In Südeuropa pfeifen Männer Frauen hinterher, was wir in Deutschland als Belästigung verstehen. In Lateinamerika gehört das Klopapier nicht wie bei uns in die Toilette, weil diese sonst verstopft. Was haben wir schon im Urlaub in fremden Kulturen an fremden Regeln erlebten können? Auch wir treten da leicht ins Fettnäpfchen.
Das entschuldigt selbstverständlich nicht bewusste Übergriffe. Doch was erlaubt ist und was nicht, unterscheidet sich eben von Gesellschaft zu Gesellschaft stark.
Und pägnant gesagt: zwischen Burka und Bikini liegt eben auch ein Kulturschock.

Wenn Unternehmen heute Mitarbeiter ins Ausland entsenden, so tun sie dies nicht mehr ohne eine vorherige kulturelle Schulung. Können wir da erwarten, dass das Einleben vieler fremder Menschen in unsere Sitten und Gebräuche von selbst funktioniert?
Was nun zu tun ist, hat unseres Erachtens zwei Dimensionen: sofort und mittelfristig
Umgehend sollten wir als Kommune mit geeigneten Kräften in die Unterkünfte gehen und dort das Thema von Verhalten und Umgangsformen ansprechen. Aus dem Kontakt zu Flüchtlingen wissen wir, dass es – wie überall – clevere und weniger aufgeschlossene Menschen gibt. Es muss daher auch die gemeinsame Verantwortung aller Flüchtlinge für Ihren Ruf angesprochen werden. Zwar ist ein Flüchtling nicht im moralischen Sinne für das Verhalten eines anderen Verantwortlich, aber Fehlverhalten weniger fallen wohl oder übel auf die Wahrnehmung aller zurück. In jeder Gruppe gibt es eine gewisse soziale Kontrolle, bei der eine Gruppe, Hausgemeinschaft, Nachbarschaft usw. darauf achtet, dass ein einzelner nicht ‚die ganze Innung‘ blamiert. Auf diesen Zusammenhang ist hinzuweisen. Denn wer in einer Flüchtlingsunterkunft zu Gast ist, kann dort erleben, dass man sehr wohl darauf bedacht ist, einem Gast gegenüber ausnehmend höflich zu sein.
Aufgrund unserer Erfahrungen mit Flüchtlingen sind wir auch davon überzeugt, dass wir unter Ihnen auch mündige und verantwortungsvolle Partner und Multiplikatoren finden können.
Dieses wäre ein wichtiger erster Schritt, der zeitnah zu erfolgen hat und den wir auch nicht der Polizei überlassen können, die für andere Aufgaben qualifiziert wurde.
Der Zweite Schritt ist der Aufbau einer organisierten Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Thema der kulturellen Unterschiede zwischen den Herkunftskulturen und unserer Gesellschaft. Das muss mehr sein als Comics, Faltblätter oder Frontalunterricht. Aus der Pädagogik weiß man, dass man in geeigneter Form daran arbeiten muss, sich zunächst der eigenen Regeln im Kopf bewusst zu werden, sie zu thematisieren: in der Gruppendiskussion, Rollenspiel oder anderen geeigneten Lernmethoden. Dazu braucht es qualifizierte Kräfte und ein pädagogisches Konzept, das man nicht über Nacht aus dem Ärmel wird schütteln können. Auf jeden Fall ist es sinnvoller so bei und mit den Betroffenen zu arbeiten, als einseitig auf repressive Maßnahmen zu setzen, so unumgänglich diese im Einzelfall sein mögen.
Gehen wir also kurz- und mittelfristig zu unseren Flüchtlingen und arbeiten wir qualifiziert an einer kulturellen Bildung, die eine gesellschaftliche Integration zum Ziel hat. Es lohnt sich.

Für die Grüne Ratsfraktion
Richard Grünewald, Vorsitzender

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