Krimi Ludwigsplatz

Was einer nicht weiß, kann er nicht ausplaudern

Jeder gute Krimi lebt von überraschenden Wendungen. Kurz nach der Tat wird einer der üblichen Verdächtigen verhaftet und spannend wird es erst, wenn er wieder freigelassen werden muss, weil sich Indizien mehren, die den ersten, so schlüssigen Eindruck widerlegen.
1. Vorbemerkung: Vertrauliche Beratungen sind sinnvoll
Es macht Sinn, dass Stadtvorstand und Fraktionsvorsitzende im sog. Ältestenrat bestimmte Themen vertraulich beraten. Schützenswerte Informationen z.B. in Personalangelegenheiten oder von Unternehmen sollten nicht nach außen getragen werden. Das steht für mich außer Frage. Nur bei wirklich skandalösen Zuständen wäre eine Indiskretion das letzte vertretbare Mittel der Aufdeckung, was aber derzeit nicht der Fall ist.
2. Vorbemerkung: Ältestenrat ist kein demokratisches Beschlussgremium
Im Ältestenrat kann man vorfühlen, eine gemeinsame Linie vereinbaren oder im kleinen Kreis schlichten. Was man nicht kann, ist Beschlüsse zu fassen. Denn Demokratie braucht Transparenz, Diskussion und Abstimmung auf offener Bühne, damit BürgerInnen verfolgen können, was ihre gewählten Vertreter in ihrem Namen argumentieren und entscheiden.
Was wußte Grünewald?
Bevor im Ältestenrat vom Montag, den 4.11. der Tagesordnungspunkt Tiefgarage Ludwigsplatz verhandelt wurde, trug der Abteilungsleiter Stadtplanung zu einem anderen Thema vor, zu dem ich noch Detailfragen hatte. Daher verließ ich mit ihm den Besprechungsraum und wir erörterten Sachverhalte zur Gültigkeit eines vor Längerem aufgehobenen Bebauungsplanes.
Als ich nach gut 10 Minuten wieder ins Besprechungszimmer kam, war die Debatte zur Tiefgarage Ludwigsplatz offensichtlich bereits weit fortgeschritten. Ich erfuhr einen neuen Sachstand zu einer anderen Tiefgarage, den ich bis heute nicht kommuniziert habe, sonst nichts. In meinem Diskussionsbeitrag sagte ich, dass wir Investitionen andernorts nur zustimmen würden, wenn dafür die Tiefgarage Ludwigsplatz aufgegeben würde.
Zum einem hätte ich dies nicht so deutlich sagen müssen, wenn Einigkeit über den Rückbau TG LU bestanden hätte, zum anderen standen und stehen demokratisch bindende Beschlüsse ja noch aus, das der ÄR eben kein Beschlussgremium ist. 
Eine Information über ein neues Verhandlungsergebnis mit der ITG habe ich nicht erhalten. Wie ich heute erfahren habe, gab es eine solche Info während meiner Abwesenheit mit dem Abteilungsleiter.
Was einer nicht weiß, kann er nicht ausplaudern
Ich habe keine vertrauliche Information erhalten und folglich auch nicht indiskret weitergegeben.
Gerade weil ich seit Monaten keine Nachricht z.B. über eine positive Einigung mit der ITG bekommen habe, war für mich die logische Folgerung, dass das auch nichts mehr werden würde.
Außerdem traue ich einem Unternehmen wirtschaftliches Denken zu kann mir nicht vorstellen, warum es Kosten schultern sollte, welche die Stadt überfordern.
Daher habe ich in Reaktion auf einen Zeitungsartikel vom Mittwoch, den 6.11. dafür plädiert, die eitle Hoffnung auf eine ‚Rettung‘ durch ein Unternehmen zu begraben, den finanziellen Realitäten nüchtern ins Auge zu sehen und endlich einzuräumen, dass wir uns von dieser unbezahlbaren Tiefgarage trennen müssen.
Kein Konsens zur Aufgabe
Noch am Donnerstag, den 6.11. erhielt ich die vom Oberbürgermeister am 4.11. unterschriebene Antwort auf eine Anfrage des Kollegen Lottermann, „dass der Standort unverzichtbar ist und die Tiefgarage Bestand haben muss und wird“.
Fakten und Position vom März 2019
Alle von mir genannten Zahlen stammten aus der (beigefügten) Machbarkeitsstudie der Stadtverwaltung zum Bauausschuss vom 14.3.2019. Bereits in dieser März-Sitzung warb ich für die (wörtlich) „Null-Lösung“, also den Rückbau der Tiefgarage, um den Ludwigsplatz zurückzu gewinnen.
Falscher Eindruck
Die Vorwürfe, ich habe eine Indiskretion begangen, sind daher falsch. Sie übersehen, dass ich die angebliche Info nicht hatte. Es ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, dass man meine Abwesenheit vergessen und so zu einem falschen Eindruck gelangen kann.
Leichtfertiger, öffentlicher Vorwurf
Bevor man aber einen schwerwiegenden Vorwurf öffentlich äußert, darf man etwas mehr Sorgfalt walten lassen, vor allem wäre es hilfreich, den Beschuldigten selbst mit dem Vorwurf zu konfrontieren. Dies unterblieb ebenso wie eine Antwort auf meine Rückfragen vom Sonntag, den 10. und Dienstag, den 12.11.19.


Zurück zur Sache
Wenn wir als WormserInnen nun eingesehen haben sollten, dass es unverantwortlich wäre, 26 Mio unter dem Ludwigsplatz zu versenken, dann sind wir einen großen Schritt weiter. Ob diese Klärung ohne meine Initiative erfolgt wäre, vermag jedeR selbst zu beurteilen.
Die nächsten Schritte müüsen sein, den Ludwigsplatz wieder nutzbar machen und eine Verkehrswende voran bringen, die uns günstiger, klimafreundlicher und gesünder mobil sein lässt.
Am Ende eines guten Krimis mag der Zuschauer sich wundern, dass er der ersten gelegten Spur so bereitwilligt gefolgt war. Aber genau das waren Absicht und Kunst der Autoren.

 Richard Grünewald

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